Mother Dragon
Tawakol, Hoda
Der Körper ist ein Zwischenraum. Frei, ungezähmt und diszipliniert, verborgen, zur Schau gestellt, in den Fesseln der Geschlechternormen oder fließend, losgelöst und teilweise mächtig. Ich wuchs bei drei Müttern auf. Alle drei hatten üppige Körper, die warm, schwer und entwurzelt waren. Ihre Körper, die in der Diaspora wie der Bauch eines Schiffes fungierten, prägten meine fragmentierte Wahrnehmung des Weiblichen, der Identität und des Mütterlichen. Den überwältigenden, übergroßen mütterlichen Körper wollte ich als Drache erschaffen und ihn über den Köpfen schweben lassen. Eine Mischung aus weiblichen Rundungen, stillenden Brüsten, einem überdimensionierten Bodysuit, der Hauch einer entwischten Stripperin oder die zweite Haut einer Riesin – so schwebt der Drache über unseren Köpfen. Die erzeugten Bilder sind ambivalent. Die Mutter, die schützend und nährend ist, wirkt zugleich bedrohlich, distanziert und vielleicht sogar in der Lage, einen zu verschlingen. Diese Aspekte des Mütterlichen und des Weiblichen sind ein wichtiger Teil meiner Arbeit, die immer wiederkehren und tief in der menschlichen Psyche verankert sind, unabhängig von Zeit und Kultur. Ich untersuche diese Ambivalenz und setze mich mit dem Femininen auseinander. (Text: Hoda Tawakol)
Hoda Tawakol (*1968 in London, lebt in Hamburg) studierte Bildende Kunst bei Andreas Slominski an der Hochschule für Bildende Künste, Hamburg. Ihre Werke waren zuletzt Teil von Ausstellungen im Georg Kolbe Museum (2024), der nGbK Berlin (2024), im Museum for Art in Wood, Philadelphia (2023) sowie der Kunsthalle Schirn, Frankfurt am Main (2020). 2023 zeigte der Dortmunder Kunstverein ihre erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland.