Neuer Kunstverein Gießen
Seit Ende 2003 beherbergt ein trutzartiger, solide gemauerter Pavillon an der Licher Straße den Neuen Kunstverein Gießen. 1937 nach Plänen von Wilhelm Gravert „als Kiosk- Toiletten- und Umspannanlage“ am Rand des Gießener Friedhofs erbaut und nach dem Krieg als typisches Wasserhäuschen genutzt, versprach ein gewisser „Max“ seitdem, dass er dort „alles hat“, was zwischendurch vonnöten ist.
Mit seiner Transformation zum außergewöhnlichen Ausstellungs-Ort zeigt sich hier einmal mehr, daß in Zeiten oft beschworener wirtschaftlicher Not kleine und scheinbar unbedeutende Territorien Anlaufstellen für Bedürftige jedweder Art werden können, sofern diese sich von Kunst und Kultur etwas erhoffen.
Im öffentlichen Raum verankert und vom funktionalen Erbe eines gut einsehbaren Verkaufsstandes geprägt, dessen Angebote lediglich im Vorbeigehen konsumiert wurden, steht dem Neuen Kunstverein Gießen ein besonderer Standort zur Verfügung. Nicht schiere Größe ist dabei das Pfund, mit dem man wuchern kann. – Vielmehr bieten Beschaffenheit und Geschichten des Ortes Anlässe und Ausgangspunkte für unterschiedlichste künstlerische Auseinandersetzungen. Wir haben es mit einer Gießener Spezialität zu tun, die prädestiniert ist, den begehrlichen Blicken auf die Zentren die Unaufgeregtheit und das Charisma der Provinz zur Seite zu stellen.