Jahresgabe

Mégot

Agbo Godeau, Annabelle

Die Ölmalereien von Annabelle Agbo Godeau zeigen zeitgenössische und bisweilen fast zeitlose Motive, die mit traditionellen malerischen Mitteln festgehalten sind. In ihrer Gegenständlichkeit erlauben sie Betrachter:innen, Dargestelltes (wieder) zu erkennen, eine Figur, eine Tätigkeit, vielleicht auch ein spezifisches Moment, eine konkrete Quelle. Das gesammelte Bildmaterial, das Agbo Godeau in ihrer Arbeit zitiert, umfasst archivarische Inhalte, Standbilder aus Filmaufnahmen, Fotografien aus ihrem persönlichen Umfeld sowie Treibholz aus der digitalen Bilderflut. Die Künstlerin betont jedoch, dass die Provenienz nicht die primäre, sondern stets nur eine von mehreren Bedeutungsebenen ist. Zugleich oder insbesondere deshalb behaupten die Ausschnitte, die alltäglich, nahezu zufällig wirken, ihren visuellen Wert und eine eigene Relevanz.

Obwohl die Elemente aus ihrem Zusammenhang genommen und in Fragmente übersetzt wurden, treten sie nicht als kontextlos auf. Die abgebildeten Situationen – mehr als Momentaufnahmen – haben etwas stark Narratives, Sequenzielles, Zeitliches, welches ein Vorher und Nachher impliziert. Eine Schützin beim Spannen des Bogens, eine Zigarette, die in einem Schraubverschluss ausgedrückt wird, eine eng in sich verschlungene Schlange. Die kompositorischen Ausschnitte lassen sowohl ein Abstrahieren und Distanzieren von der zugrunde liegenden Abbildung als auch ein detailliertes Beschreiben und Annähern an das Abgebildete zu. Die Kanten der ungerahmten Leinwände dokumentieren nacheinander aufgetragene Farbschichten, das allmähliche Aufbauen und technische Abarbeiten einer Komposition. Agbo Godeaus malerisches Werk beschränkt sich nicht auf ein Trägermaterial oder einen Präsentationsmodus. Hier deuten die kleinen Formate eine Beweglichkeit an; sie behalten eine gewisse Offenheit, die neben durchgangenen Übertragungsprozessen immer auch mögliche zukünftige Anknüpfungen und Verbindungen zu beinhalten scheint.

– Clara Maria Blasius