YES #1–12
Krauth, Moritz
Eine Fotografie ohne Text bleibt immer auch ein Stück unleserlich. Diese Feststellung stammt wahrscheinlich von Walter Benjamin. Der hier vorliegende Text kann unweigerlich als institutionelle Reaktion darauf gelesen werden, und auch die Jahresgabe von Moritz Krauth scheint gleichermaßen diese Spannung aufzunehmen. In seinen Fotografien und Videos versetzt Krauth vermeintliche Dokumentarismen und Inszenierungen von Realität durch sich querstellende Erzählungen in Aufruhr. Für seine Videos entwickelt Krauth Manuskripte, die das visuelle Geschehen unterlegen, überlappen, anleiten und verschieben – Akte, die den Zusammenhang von Bild und Text in amouröse Verhältnisse bringen, die unkontrollierbar werden. Anstatt allein die Rolle der Hilfestellung einzunehmen, in die Texte in der Regel relegiert werden, blockieren sie hier wortwörtlich die Sicht und schieben sich vor das Bild. Die Texte, die sich unter anderem aus Passagen des Manuskripts einer vor Kurzem entstandenen Videoarbeit und eines neuen Werks zusammensetzen, bilden ein kinematografisches Narrativ auf einem stabilen Untergrund, dessen konstanter Regenbogen unter den nebligen Wolken und hereinbrechenden Schriftzügen hervorbricht. Wie ein unterschwelliger Wink erlauben die Fotografien, die queere Natur von Text im Bild offenzulegen.
Dennis Brzek