Verein zur Förderung Moderner Kunst Goslar
Mönchehaus Museum Goslar
Auch wohlwollende Mitbürger machen skeptische Gesichter, als 1974 ein paar Gleichgesinnte um den Goslarer Industriellen Peter Schenning (1923-2010) einen Kunstverein gründeten, der in der mittelalterlichen Stadt den Weg für die moderne Kunst ebnen sollte. Doch mit der Stiftung des Goslarer Kunstpreises „Kaiserring“ und seinem ersten Preisträger Henry Moore wurde der hohe Qualitätsanspruch deutlich. Heute gilt der “Kaiserring” als einer der begehrtesten Kunstpreise weltweit.
Um den Kaiserringträgern ein adäquates Ausstellungsforum zu bieten, wurde 1978 das Mönchehaus Museum gegründet. Es wird bis heute von dem „Verein zur Förderung Moderner Kunst (VFK)“ in künstlerischer und administrativer Verantwortung geführt.
Seit 1984 fördert der Verein mit dem jährlich vergebenen Kaiserring-Stipendium junge Künstler und Künstlerinnen. Die Stipendiaten-Ausstellung findet parallel zur Kaiserringausstellung statt.
Ein hochwertiges Ausstellungsprogramm mit weiteren 3-4 Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, Musikabenden und Jazzmatineen, Lesungen, Veranstaltungen, Workshops, Diskussionsforen und die Zusammenarbeit mit Schulen machen das Haus zu einem kulturellen Treffpunkt in der Stadt.
Dass die zeitgenössische Kunst in Goslar einen festen Platz hat, wird buchstäblich auf Schritt und Tritt offenbar: Es dürfte nicht viele mittelalterliche Städte geben, in denen zahlreiche moderne Kunstwerke in das historische Stadtbild hervorragend eingebunden sind. Und nicht nur auf öffentlichen Plätzen, sondern auch in Hotels und Banken sind Werke aus der Sammlung des Mönchehaus Museums präsent.
Mit über 2.000 Mitgliedern ist der VFK einer der größten Kunstvereine in Deutschland. Sein Motto hat Victor Vasarely formuliert:
Kunst ist für alle da!
09.06.- 08.09. Friedrich Schröder-Sonnenstern. Der dreifache Mondweltmeister
Die grotesk-komische Bildwelt von Friedrich-Schröder Sonnenstern (1892 – 1982) hat wiederholt internationale Anerkennung erfahren, aber ebenso Kontroversen hervorgerufen. Bis heute zählt der Künstler zu den sog. Outsidern. Nachdem er 1959 auf einer bedeutenden Surrealisten-Ausstellung in Paris vertreten war und sich André Breton, Hans Bellmer und Jean Dubuffet für seine Kunst begeisterten, erreichte er zeitweise große Beachtung. Sein Stern verblasste in den 1970er Jahren, als zunehmend Werkstatt-Arbeiten und Fälschungen von ihm den Markt eroberten. Seither gibt es Wellen der zeitweiligen Wiederentdeckung und des Vergessens.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um „In- und Outsider“ der modernen und zeitgenössischen Kunst versucht die Ausstellung einen neuen, unvoreingenommenen Blick auf das Werk dieses Außenseiters zu werfen, das sich nicht in bekannte kunsthistorische Schubladen einordnen lässt. Schon 2013 versuchte Massimiliano Gioni auf der Biennale in Venedig die Grenzen zwischen professionellen Künstlern und Amateuren, „Outsidern und Insidern“, zu verwischen und präsentierte mehrere Arbeiten von Schröder-Sonnenstern.
Unsere Ausstellung zeigt erstmalig rund 40 Zeichnungen und 20 Grafiken aus der Berliner Privatsammlung von Angelika Bütow, ergänzt um sieben Zeichnungen aus der Kölner Sammlung Zander. Den Anstoß für Angelika Bütow, Werke von Schröder-Sonnenstern in über 50 Jahren zusammenzutragen, gab eine persönliche Begegnung im Jahr 1969. Die spätere Psychologin arbeitete damals als Beschäftigungstherapeutin in der Berliner Psychiatrie, wo sie den Künstler kennenlernte und mit ihm nach seiner Entlassung bis zu seinem Tod eine freundschaftliche Verbindung pflegte.
Die umfassende Sammlung Zander mit Vertreterinnen und Vertretern der sog. Art Brut, Outsider Art und Naiven ist dagegen einer breiten Öffentlichkeit durch die langjährige Präsentation in Bönnigheim bei Ludwigsburg (1996 – 2020) bekannt. Sie enthält acht Arbeiten von Schröder-Sonnenstern, von denen sieben in Goslar ausgestellt sind.
Die Präsentation der Werke von Friedrich Schröder-Sonnenstern in unserem Hause hat eine Vorgeschichte. Unser Vereins- und Museumsgründer Th. K. Peter Schenning war von dessen Werken fasziniert und hat sie bereits 1973 – noch vor der Gründung des Kunstvereins 1974 – in seiner Junior-Galerie in Goslar und auf dem Messegelände in Hannover präsentiert, damals noch zeittypisch unter dem Titel Genie… oder Irrer?
Die Beurteilung des Œuvres von Friedrich Schröder-Sonnenstern erfolgte meist nicht unabhängig von seiner abenteuerlichen Lebensgeschichte. Bevor der Künstler mit 57 Jahren zu zeichnen begann, hatte er Erfahrungen als Meierei-Gehilfe, Vagabund, Führer einer religiös-mystischen Sekte, Heiler, Wahrsager und Heiratsschwindler gemacht. Zudem wurde er bereits 1918 entmündigt und blickte auf mehrere Aufenthalte in der Psychiatrie zurück, wo bei ihm schon 1912 und 1917 Schizophrenie bzw. ein schizophrener Schub diagnostiziert wurde. Ein späteres Gutachten 1934 lehnte diese Diagnose wiederum ab. Schröder-Sonnenstern galt dennoch lange als Vertreter einer „Bildnerei der Geisteskranken“, wie Hans Prinzhorn 1922 die Kunst psychisch Kranker beschrieb, oder der Art brut. Dieses Urteil sorgte lange für eine Marginalisierung und Stigmatierung seiner Kunst. Inwieweit sich neue Sichtweisen auf das Werk ergeben – unabhängig von psychiatrischen Diagnosen – untersucht die Goslarer Ausstellung.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Texten von Angelika Bütow, Pamela Kort, Bettina Ruhrberg, Daniel Yakubovich und Susanne Zander, 164 Seiten, zum Preis von 18 Euro.
Die Ausstellung wird gefördert durch den Regionalverband Harz
21.07.-22.09.24 Dieter Nuhr. Du denkst an durchfahrene Länder
Dieter Nuhr zählt zu den erfolgreichsten Comedians in Deutschland. Seiner Bühnen- und Fernsehkarriere ging eine malerische Ausbildung und künstlerische Tätigkeit voraus – für viele bis heute eine Entdeckung. Von 1981 bis 1987 studierte Nuhr an der namhaften Essener Folkwang-schule und arbeitet seitdem bis heute — neben seinen Auftritten als politischer Kabarettist — kontinuierlich künstlerisch, zunächst als Maler, später mit dem Medium der Fotografie.
Seit Anfang der 2000er Jahre bilden Landschaftsfotografien das Ausgangsmaterial für eine anschließende Überarbeitung mit digitalen Pinseln. Mit dieser Technik entstehen Werke an der Schwelle zwischen Fotografie und Malerei.
Der Titel „Du denkst an durchfahrende Länder“ ist ein Zitat aus dem Gedicht „Erinnerung“ von Rainer Maria Rilke. Tatsächlich sind Nuhrs Bilder eng mit seinen Reiseerfahrungen in ferne Länder, aber auch innerhalb Europas, verbunden. Doch insbesondere auf Reisen nach Asien, Afrika oder Südamerika fängt er mit der Kamera weite, menschenleere Landschaften mit einem Panoramablick ein und übermalt sie dann in sanften Farbtönen — Erdfarben oder Blau- und Grüntöne gehören zu seiner bevorzugten Farbpalette. Die abstrakten malerischen Partien legen sich wie ein Schleier über die gegenständliche Fotografie und lassen kontemplative Stimmungslandschaften entstehen. Die Malerei macht nach Nuhrs eigenen Worten „das Unbestimmte und Schwindende der Erinnerung sichtbar.“
Die Motivation für das Reisen ebenso wie für die künstlerische Tätigkeit liegt für Nuhr in der Begegnung mit dem Fremden, dem Unbekannten, dem Unsagbaren, mit anderen Weltsichten, „die auf Irrationalität, Glauben oder Gewohnheit beruhen und sich rationaler Begründung ent-ziehen.“ Dabei versucht er das Fremde wertfrei wahrzunehmen und keinen westlichen Denk-mustern zu unterwerfen. Aus dem „Nicht-Verstehen-müssen“ entsteht für ihn ein besonderer Reiz, den er in der malerischen Bearbeitung aufgreift und weiterentwickelt. Die stillen, bewegungslosen und menschenleeren Landschaften werden so zu Meditationsbildern ebenso wie zu einem Spiegel der Innenwelt. Unverkennbar zeigt sich in ihnen die Bildtradition des Sublimen als das Bestreben, die Idee des Undarstellbaren im Kunstwerk zu manifestieren und vorstellbar werden zu lassen.
Neben Landschaftsansichten zeigt die Ausstellung Porträts von Menschen, denen Nuhr auf seinen Reisen begegnet — Erwachsenen ebenso wie Kindern. Im Unterschied zu den Landschaftsbildern sind es reine Zeichnungen auf der Grundlage von Fotografien. Die meisten von ihnen sind nicht farbig übermalt, sondern in ein schwarzes konstruktives Gerüst eingebunden und vor einen weißen Hintergrund gestellt. Die Isolierung der Figur vor der weißen Fläche verleiht ihnen eine besondere Aura und Würde.
Die Ausstellung umfasst fast 50 Werke. Zur Ausstellung erscheint eine Edition.
In Kooperation mit der Galerie Geuer & Geuer Art in Düsseldorf. Die Ausstellung wird gefördert durch die Stiftung Niedersächsischer Volks- und Raiffeisenbanken, Hannover, und die Volksbank Nordharz eG, Goslar
06.10.24.-27.01.2025 Daria Koltsova - Goslarer Kaiserringstipendium für junge Kunst 2024
12.10.24- 27.01.2025 Miriam Cahn - Kaiserring der Stadt Goslar 2024