The Art of Peer Pressure
Noggler, Matthias
Matthias Nogglers (*1990 Innsbruck, lebt und arbeitet in Berlin und Wien) Malerei reflektiert die kulturgeschichtliche Funktion und den ideologischen symbolischen Gehalt des gemalten Bildes durch Rekurse auf malerische Stile, Techniken und Themen. Diese Bezüge reichen von der Ästhetik der Volkskunst über italienische Renaissance-Kompositionen von Giovanni Bellini (wie in dieser Edition) bis zu zeit- genössischen Bildmedien, wie sie sich in Ego-Shooter-Videospielen exemplifizieren. Durch die Inszenierung von Beziehungen, Verbindungen zwischen scheinbar disparaten Quellen gelingt es Nogglers Arbeiten, Bezüge auf eine Art und Weise darzustellen, die zeigt, wie Seh- und Wahrnehungsweisen sowohl miteinander verwandt, als auch im Widerspruch zueinander stehen können.
„Diese Arbeit bezieht sich auf Giovanni Bellinis Gemälde Pietà (1465–1470) und sein Figurenensemble. Ich habe die Szene jedoch in eine Bar versetzt, was nur andeutungsweise durch den Wein auf dem Tisch und die halb verdeckte Rückenlehne eines Stuhls lesbar ist. Ansonsten dominiert ein geometrisch strukturierter Farbraum den Hintergrund und verleiht der Szene eine unterschwellige psychedelische Atmosphäre. Der Malstil ist zum Teil realistisch, detailliert und schattiert, dann wieder handelt es sich um eine schnell ausgeführte opake Farbfeldmalerei mit Tendenz zur Flächigkeit. Die dargestellte Szene zeigt neben sanften Gesten der Berührung ein leicht angespanntes Gespräch zwischen zwei eklektisch gekleideten Figuren spät am Abend, während im Hintergrund eine weitere Figur sie zum Aufbruch drängt, vielleicht in Richtung der nächsten, noch nicht geschlossenen Bar. Die spezifische Rhetorik von Bellinis Andachtsbild (einer Untergattung des Anbetungsbildes, das zur Betrachtung während des Betens gedacht ist) hat mir dabei geholfen, die alltägliche Szene als ironische Monumentalisierung des Ephemeren zu reinszenieren. Wie in vielen religiösen Gemälden des Quattrocento gibt es auch hier einen sexuellen Subtext zum offiziellen Inhalt, während das die Figuren rahmende Interieur eine atmosphärische Erweiterung jener Konflikte und Interaktionen darstellt, die sich zwischen ihnen abspielen.“ Matthias Noggler