Jahresgabe

Kollektorgang X

Dora Budor

Die als Architektin ausgebildete Künstlerin Dora Budor (geb. 1984 Zagreb, lebt in New York) betrachtet Gebäude und Institutionen als tektonische, infrastrukturelle und geschlechtsspezifische Systeme. Im Gegensatz zu einer ästhetisch motivierten Architektur verschreibt sie sich einer Politik der selektiven Demontage. Für ihre Ausstellung Continent im Kunsthaus Bregenz (2022) löste Budor eine Irritation aus:  Durch eine Reihe von Interventionen testete sie dessen physischen Baukörper und rückte die vom Architekten verborgenen funktionalen Teile des Gebäudes in den Vordergrund. Einen Meter von der nordöstlichen Fassade des Kunsthaus Bregenz entfernt, führt ein Schacht zu einem unterirdischen Kanal, der das Fundament des gesamten Gebäudes umschließt. Seine sogenannten Schlitzwände ragen senkrecht ins Erdreich und entsprechen der Höhe der oberirdischen Konstruktion. Der Kanal soll den Einsturz der umliegenden Gebäude verhindern und das Versickern von Schmelz- und Grundwasser kontrollieren, das vom nahe gelegenen Berg Pfänder sowie aus dem Bodensee kommt. Für ihre Ausstellung in Bregenz fertigte Budor Latexabgüsse dieser unterirdischen Schlitzwände an und präsentierte sie als Wände, die mit geschreddertem Papier aus der Verwaltung des Kunsthauses verstärkt wurden. Mit Hilfe von Konservierungslatex, einem Material, das zur Reinigung von Denkmälern verwendet wird, trug Budor die obere Schicht der unterirdischen Fläche ab, entfernte die jahrelangen Ablagerungen und stellte sie in der musealen Umgebung der Ausstellungsräume von Zumthor auf. Einen Teil dieser umfangreichen Installation bietet Budor als Unikat an. Für dieses hat sie ein Wandsegment im Sinne einer funktionalen Wiederverwendung auf einem Plattenwagen neu positioniert, was die immanente Konstruktion als Bestandteil von Architektur hervorhebt.