Jahresgabe

La Gola

Marcon, Diego

Gianni und Rossana sind die beiden Protagonist:innen von Diego Marcons Videoarbeit La Gola, die er für seine gleichnamige Ausstellung (04.05.24 – 11.08.24) im Kunstverein in Hamburg produzierte. Im Zentrum des Films steht ein Briefwechsel der beiden Charaktere, die durch hyperrealistische Puppen mit digital animierten Augen und Mimik dargestellt werden. Im Verlauf des Films legt Marcon ein verwobenes Geflecht von Beziehungen frei, die durch Verpflichtungen und Genuss charakterisiert sind. Erzählt in frontalen Close-ups, schwärmt Gianni bei Tageslicht und Vogelgezwitscher von den Fähigkeiten seines Kochs Baptiste. Während Giannis Leben auf die Steigerung des eigenen Genusses ausgerichtet ist, beschreibt Rossana in der Nacht, bei zunehmendem Blitz und Donner, bildlich die körperlichen Leiden und den Krankheitsverlauf ihrer Mutter. Ihr Leben ist geprägt vom Verzicht auf den eigenen Genuss, ihre Existenz ist der Pflege ihrer Mutter verpflichtet. Innerhalb der Korrespondenz fehlt eine wechselseitige oder empathische Bezugnahme, weshalb die eigentliche Natur der Beziehung von Gianni und Rossana verborgen bleibt. La Gola bedient sich dabei an den Konventionen des Auteur-Kinos, in dem Dialog nur als eines unter vielen formalen Mitteln und Instrumenten des Filmemachens zur Geltung kommt. Gianni und Rossana sind Folien, vergeschlechtlichte Stereotypen der Kinogeschichte, die mit Affekt befrachtet, aber in einem handlungslosen Vakuum von einer Kulisse zur nächsten versetzt sind.