Jahresgabe

OHNE TITEL #3

Peter Wächtler

Kleinbürgerliche Gemütlichkeit hat immer etwas Erschreckendes. In ihr lauern Erinnerungen an Kindheitszeiten, in denen man noch wenig Einfluss auf das von den Erziehungsberechtigten gestaltete Interieur des eigenen Lebens hatte. Objekte einer (un)glücklichen, unfreien Vergangenheit. Peter Wächtler bringt solche Formen autorenlosen Designs aus Dorfschenken und Töpferkursen als Kunst in unsere Wohnungen zurück. In Wohnungen, die zumeist jeglichen Anklang an solche Residualreste des Provinziellen gezielt vermeiden. Aus Ausstellung wird Einrichtung. Objekte, die, wie diese Stövchen, als Kunsthandwerk zwischen Dilettantismus und Feierabendbeschäftigung liegen, und deren Status als künstlerische Unikate sie geradezu unangenehm persönlich wirken lässt. Als habe man ein Objekt vor sich, das der international ausstellende Künstler Peter Wächtler nach getaner Arbeit zur Entspannung von der eigenen Professionalität hergestellt habe. Aber Wächtlers ästhetische Kleinbürgerlichkeit hat nichts Persönliches. Sie zieht sich durch sein gesamtes Oeuvre, steckt in seinen Filmen und Zeichnungen ebenso wie in diesen Keramiken. Sie ist die Signatur einer präzisen Ästhetik des Residualen, einer Kunst der kulturellen Reste, einer Aktualität des Abgestandenen. (Kerstin Stakemeier)